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  • Beitrag veröffentlicht:13. Februar 2022
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Ich weiß nicht, ob ihr euch auch schon einmal vorgenommen habt, etwas loszulassen. Manchmal bekommen wir es auch als Tipp von uns nahestehenden Menschen, die es gut mit uns meinen und wollen, dass wir nicht länger unter einer Situation leiden. Und ich kann sie so gut verstehen. Es ist nicht schön, stummer Wegbegleiter zu sein, wenn unsere Lieben in Krisen stecken und gerne möchten wir mit Taten und Worten helfen.

Loslassen habe ich mir dabei immer etwas romantisch vorgestellt. Bedeutet es doch, die Herausforderung, in der wir stecken, an jemand anderen zu übergeben. Das können die Menschen sein, die auch in die Situation involviert sind, oder aber auch eine höhere Macht wie das Universum oder Mutter Erde. Danach liegt es nicht mehr in unseren Händen, wir haben alles uns Mögliche getan – nun darf Entspannung folgen im absoluten Vertrauen darauf, dass sich alles zum höchsten Wohl aller Beteiligten fügen wird. Was dabei verheimlicht wird, sind zwei Dinge:

Zum einen können wir nur dann richtig loslassen, wenn wir auch wirklich bereit sind, die beiden Extreme der möglichen Entwicklungsrichtungen einer Situation anzunehmen. Wenn ich also beispielsweise an den Punkt gekommen bin, die Zukunft meiner Beziehung nun in andere Hände zu legen – seien es die meines Partners oder die Hände Gottes- darf ich mir bewusst sein, dass das sowohl zu einer Trennung als auch zu einer Traumhochzeit führen kann. Ein übergebenes Projekt kann scheitern oder zum größten Erfolg werden, die nächtlichen Alpträume meines Kindes können schon nach wenigen Tagen vorbei sein oder auch so lange andauern bis ich mir gar keinen Rat mehr weiß. Die Extreme müssen nicht sein, ich gebe dir recht. Es gibt tausend Grautöne dazwischen und doch sind sie auch eine Option. Eine, die wir aber nicht wirklich wahrhaben wollen, wenn wir liebevoll davon sprechen, das jetzt einfach mal loszulassen. Meine Beziehung soll sich frei entfalten dürfen, aber für den Fall einer Trennung bin ich, wenn ich ehrlich bin, nicht bereit. Gescheiterte Projekte oder viele schlaflose Nächte, das muss nun wirklich nicht sein. Damit stellt sich die Frage, wie weit wir wirklich loslassen oder doch – wenn auch unbewusst und sicher sehr subtil- hoffen, wünschen und flehen.

Zum anderen dürfen wir uns bewusst werden, dass nach jedem Loslassen ein Raum der Leere und der Stille entsteht, den wir annehmen dürfen. Und da kribbelt es mir schon in den Füßen. Nichts tun? Abwarten? Aber ich kann doch nicht…Doch. Denn Abgeben bedeutet auch mit ungelösten Situationen in Frieden zu sein. Nicht zu wissen, was nach den Impulsen kommt, die wir gesetzt haben, welche Schritte die anderen gehen, was uns wohl morgen und übermorgen und vielleicht auch in zwei Wochen erwartet. Unsicherheit, Wagnis, Risiko. Spätestens da war es wieder mein Bauchgrummeln. Wirklich gar nichts weiter tun? In mir wohnt ein kleiner Kontrollfreak. Für mich ist es die reinste Folter, nicht wissend mit ungeklärten Situationen in der Luft zu hängen.

So ist Loslassen eine wunderschöne Idee und oft in unserer Vorstellung umrahmt von leisen und liebevollen Meditationsklängen. Doch das ist die eine Seite der Medaille neben einer großen Herausforderung und dem enormen Potential, seine Komfortzone zu erweitern und zu wachsen. Emotionen und Turbulenzen in uns zu spüren, die wir alle lieber nicht fühlen möchten, und so tiefe Wunden in uns zu heilen. Denn Loslassen heißt den inneren Widerstand loszulassen und somit für alles bedingungslos bereit zu sein. Es hilft, sich langsam heranzutasten und damit zu experimentieren – mit ganz viel Liebe und Wohlwollen uns selbst gegenüber.

Meine Impulse für dich – wie taste ich mich an das Loslassen heran? Passe die Impulse gerne an deine Lebensumstände an, es sind nur Ideen.

Stell dir vor….

# … eine Freundin hat vor Wochen angekündigt, dich morgen zu besuchen und sich dann aber nicht mehr gemeldet. Du hast ihr geschrieben, sie versucht anzurufen und weißt nicht, was passieren wird. Kannst du es so stehen lassen, dich auf die ungelöste Situation einlassen? Welche Gefühle entstehen in dir?

# …du musst dringend noch arbeiten und hast organisiert, dass dein Kind den Nachmittag bei Freunden verbringen kann. Leider möchte sich ausgerechnet heute dein Kind nicht von dir trennen und bei dir bleiben. Spürst du den Impuls zu handeln in dir (überreden, überzeugen, den Nachmittag bei Freunden in noch schöneres Licht tauchen) oder kannst du es annehmen?

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