Ich finde die Sommerzeit wunderschön. Wenn man schon am Morgen mit Kleid aus dem Haus gehen kann und einem die warme Luft um die Beine weht. Blauer Himmel, farbenfroh blühende Natur, genießen, ausruhen, Kraft tanken. Überall sieht man Urlaubsbilder, Fotos vom Meer, endlosen Stränden, aus den Bergen, von strahlenden, zufriedenen Gesichtern. Das ist einfach toll.
Auch ich hatte eine richtig schöne Urlaubszeit. Wir waren zum ersten Mal mit unserem Wohnmobil unterwegs. Auf einem Campingplatz mitten in der Natur. Rundherum nichts als Berge, Heidelbeer- und Himbeersträucher, ein paar wenige Menschen, die alle so herzlich waren, dass man sich schon fast wundern musste und viel Zeit für einen Tag im eigenen Rhythmus. Jetzt bin ich seit Montag wieder zu Hause und stelle mir die Frage, warum sich die Urlaubszeit so ganz anders anfühlt als das, was ich als mein tägliches Leben bezeichne. Plötzlich scheint es kaum noch Raum für die Frage zu geben, was ich heute eigentlich erleben möchte, worauf ich Lust habe, keine Zeit mehr, mich in der Nacht unter den Sternenhimmel zu legen oder draußen auf einer Picknickdecke zu Abend zu essen. Wie meinte eine Freundin zu mir: Willkommen zurück im Hamsterrad, das ist eben so. Urlaub ist Urlaub und normaler Alltag ist anders.
In mir merke ich deutlich, dass ich darauf keine Lust mehr habe. Und es ist kein kindlicher Trotz, der mit dem Kopf durch die Wand nun eben auch im Alltag jeden Tag ein Urlaubseis essen möchte, sondern eine innere Stimme, die sich fragt, ob es denn nicht Stück für Stück mit kleinen Veränderungen auch anders geht. Ich bin mir sicher, dass fast jede von euch intuitiv weiß, was sie aus dem Urlaub mit in den Alltag hineinnehmen möchte. Für die eine ist es die Tasse Kaffee am Morgen noch bevor alle anderen wach sind, für die andere etwas länger ausschlafen, Frühstück mit der Familie, mehr Sport machen, Zeit in der Natur oder wie für mich, dass mein innerer Antreiber leiser wird, weil es im Urlaub keine To-Do Liste gibt. Ich möchte mehr Momente der inneren Ruhe und Zufriedenheit spüren. Dafür braucht es in manchen Momenten ein innehalten. Und dabei ist es egal, ob in meinem Postfach nur zwei E-Mails liegen oder einhundert, mein innerer Antreiber und mein Verstand finden tausend Gründe, warum ich hetzen und stressen sollte. So wie sie Gründe finden, all die anderen erlebten und erwünschten Urlaubsgewohnheiten nicht mit in den Alltag zu nehmen. Keine Zeit, das macht man nicht, ich muss doch….Ich möchte nicht mehr zuhören. Wenn mein Herz zu flattern beginnt, weil ich nicht mehr weiß wo mir der Kopf steht und sich das Gefühl der Überforderung in mir ausbreitet, mache ich seit dieser Woche eine Pause. So lange bis sich in mir die Wogen glätten, die aufbrausen, weil ich einer Instanz in meinem Inneren zu langsam bin oder mich doch schon genug ausgeruht habe. Dabei helfen mir kleine Unterstützer, die ich über die Jahre für mich ausprobiert habe. Eine Atemübung, eine kurze Handmassage, den Kaffee auf der Arbeit nicht in der Kaffeeküche, sondern unten im Hof im Grünen zu trinken. Dabei spüre ich die Unruhe, gebe ihr aber nicht noch mehr Raum.
Gewohnheiten zu verändern ist unbequem. Es bringt einen an Grenzen, die man sich selbst gesetzt hat, fühlt sich im ersten Moment falsch und seltsam an und kann nicht zuletzt dazu führen, dass man andere Menschen mit seinem neuen Verhalten irritiert. Ich möchte es trotzdem ausprobieren. Ich möchte wissen, wie es sich anfühlt, wenn ich nicht nur sagen kann, dass ich 30 schöne, erholsame Urlaubstage im Jahr hatte, sondern 365 Tage im Jahr, die sich angefühlt haben wie Urlaub. Voller Freude, Entspannung und dem Raum, die wunderschönen Dinge, die uns jeden Tag umgeben, auch wahrzunehmen. Das wird sicher – besonders zu Beginn- nicht immer gelingen. Aber vielleicht wird eines Tages aus dem bisher noch kaum spürbaren, kleinen Rinnsal der Urlaubsgefühle im Alltag ein glitzerndes Meer in meinem Inneren.
Meine Impulse für dich:
# welche Gefühle verbindest du mit Urlaub, was spürst du, wenn du an Urlaub denkst?
# was aus deinem Urlaubsfeeling möchtest du mit in den Alltag nehmen – Ruhe, mehr Zeit für Sport, länger Ausschlafen – und wie kannst du es Stück für Stück einbauen?
