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  • Beitrag veröffentlicht:5. Oktober 2024
  • Beitrags-Kommentare:2 Kommentare
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Die letzten Wochen hat mich diese Frage sehr beschäftigt. Ich weiß, dass man sie intuitiv mit einem ganz klaren Immer beantwortet, schließlich sind wir alle wunderbar, haben viel zu geben und es ist unser Sein, das zählt, und nicht unsere Taten. Ich weiß. Aber wenn ich in mich hineingespürt habe, konnte ich das oft gar nicht fühlen oder nur in manchen Momenten und so wollte ich mehr darüber wissen. Warum fühle ich in manchen Momenten meinen Wert ganz genau und bin in anderen Momenten so völlig unzufrieden mit mir.

Meine Nachforschungen und Selbstbeobachtungen haben ergeben, dass ich in meinem Kopf ganz genau weiß, was mit Selbstwert gemeint ist, wie er sich anfühlen sollte und was ich mir sagen könnte, um mich hoffentlich ganz schnell auf meiner Selbstliebe-Leiter nach oben zu katapultieren, wenn ich mal wieder heruntergefallen bin. Schließlich ist Unzufriedenheit mit sich selbst höchst unsexy, ein Zeichen davon, dass wir die Ratgeberliteratur immer noch nicht ganz verstanden haben und sollte möglichst flink wieder beendet werden.

Dann gibt es da aber noch all die Sätze, die in den dunklen Momenten wie aus dem Nichts aus meinem Inneren aufsteigen und mich mit Überzeugungen konfrontieren, die ich am liebsten sofort alle wieder verbannen möchte. So etwas kann ich doch nicht wirklich denken, oder? Mein Selbstwert ist nämlich ziemlich oft daran gekoppelt, wie viel ich geleistet habe und was ich alles geschafft habe. Arbeit, Kind, gute Noten, aufräumen, zufriedener Partner und tausend Dinge nebenbei geschafft – ja, ich habe es wirklich drauf. Ich habe vergessen, die Bücher in die Bücherei zu bringen, eine Freundin auf irgendwann vertröstet, eine E-Mail nicht ganz so herzlich beantwortet wie gewohnt und den Frust der Kinder nicht verhindern können –und die Stimmen der Unzufriedenheit in meinem Kopf werden lauter.

Und plötzlich hatte ich das Gefühl, all diese Gedanken einmal ausspucken zu müssen. Sie nicht immer weiter zu verdrängen, hübsche Tapete der positiven Affirmationen darüber zu kleben, sondern sie sichtbar zu machen. So ist das Bild zu dem heutigen Text entstanden. In radikaler Ehrlichkeit habe ich aufgeschrieben, was in meinem Inneren zum Thema Selbstwert schlummert und mit welchem Korsett er aufrechterhalten wird. Die Gedanken dazu füllen viele weitere Seiten in meinem Notizbuch.

Es war erschreckend und schmerzhaft und doch befreiend zu gleich. Es hat den Raum gebraucht, um befreit zu werden. Und so möchte ich ein Plädoyer aussprechen. Ein Plädoyer für das Sichtbar machen. Besonders wir Frauen sind Meister der Verkleidung, des Schön-Machens, der Blümchen und Herzchen. Aber manchmal braucht es den Mut, sich dem Dunklen in uns zuzuwenden. All dem, was wir verstecken und nicht denken wollen, eine Bühne zu geben. Ob als Bild, als Text, als Zwiegespräch nur mit uns selbst, eine Liste, die wir nur für uns schreiben und danach gleich verbrennen. Denn ob wir es mögen oder nicht, die Gedanken und die Gefühle sind in uns, beeinflussen unsere Entscheidungen und allzu oft unseren Alltag. An der Oberfläche dürfen sie endlich Flügel bekommen. Und so wünsche ich uns, dass unser Mut zur Ehrlichkeit den Weg frei machen kann für mehr Bewusstsein und für ein Stückchen wirklich gefühlten Selbstwert.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Sylvia

    Liebe Marlen, wie wahr … Letztendlich sind aber oft so moderne Ausdrücke wie Work-Life-Balance (ist Arbeit denn Teil des Lebens?) oder Me-Time schuld. Es wird einem vor allem von sozialen Medien vorgestellt, was man immer alles tun muss und dann reden alle von Stress … Danke für deine Botschaften.
    Liebe Grüße
    Sylvia

    1. Marlen Wagner

      Liebe Sylvia, ich danke dir für deine Worte. Du hast vollkommen Recht, auch bei den Begriffen, die im ersten Moment Entspannung und Entschleunigung versprechen, ist es wichtig, hinter die Fassade zu blicken. Ist es nur ein „Mehr“ auf unserer To-Do Liste, etwas, das auch noch beachtet werden soll, oder bringt es uns selbst wirklich näher.
      Ich schicke dir ganz liebe Grüße!
      Marlen

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