Ihr lieben wunderbaren Frauen,
ich weiß nicht wie es euch gerade geht, aber wenn ich mich zur Zeit mit meinen Freundinnen und Bekannten treffe, spüre ich ein Thema ganz präsent. Wir Frauen sind aufgefordert uns zu zeigen. So viele wirklich atemberaubende Talente und Fähigkeiten möchten endlich aus einem jahrelangen Winterschlaf geweckt und in die Welt gebracht werden und wir dürfen zeigen wer wir wirklich sind – und das in unserer vollen Größe.
Das kann ganz schön herausfordernd sein und ich würde lügen, wenn ich euch erzähle, dass es bei mir keine Tage gibt, an denen ich mir wünsche, unter meine warme Kuscheldecke zu kriechen und eingehummelt zu warten bis es endlich vorbei ist. Aber das Universum führt mich gerade immer wieder in Situationen, in denen ich Farbe bekennen muss, klar Stellung beziehen und für meine Werte einstehen darf. Dabei stupst es meine Aufmerksamkeit in den skurrilsten Situationen auf meine Lernaufgabe. Als ich mir letzte Woche mit meinem Partner ein Wellnesswochenende gegönnt habe, spricht mich die Masseurin nach der Massage an. Sie habe das Gefühl, ich müsse mehr für mich einstehen und solle üben, mit aufrechtem Gang in meiner vollen Größe wie eine Königin durch die Welt zu gehen und meine Wünsche direkt zu äußern. Klarheit und Präsenz zeigen. Ich hatte vorher kein Wort mit ihr gesprochen und wir kannten uns nicht.
Bei mir ziehen Lernaufgaben gefühlt Kreise in meinem Leben. Ich bewältige die eine und darf wie auf einer Spiralentreppe immer höher steigen und auf einem anderen Level an demselben Punkt noch einmal vorbeikommen. Das ist wirklich oft kräftezehrend und manchmal habe ich auch tatsächlich keine Lust mehr. Wenn ich aber zurückblicke, merke ich welchen Weg ich gegangen bin und dass es auch in vielen Bereichen immer leichter und selbstverständlicher wird. Durch meinen veränderten beruflichen Weg darf ich seit neuestem immer wieder auch in die Rolle der Praktikantin und der Lernenden schlüpfen. Am Anfang habe ich mich nicht getraut, in den Einrichtungen meine Bedürfnisse zu äußern, die Anleiterinnen wissen zu lassen, was ich sehen, erleben und lernen möchte. Mittlerweile weiß ich das sehr klar und äußere es auch. Ein Wendepunkt, an dem ich mir auf die Schulter klopfen darf.
Mit meinem Text möchte ich euch zum einen zeigen, dass auch mein Leben durchaus seine Herausforderungen birgt und auch ich „Kopf unter der Bettdecke Tage“ habe. Zum anderen möchte ich aber auch Mut machen, nicht aufzugeben. Wir sind nicht allein, es wird tatsächlich leichter und wir dürfen uns wirklich einmal bewusst machen, was wir wunderbaren Frauen schon alles geschafft haben und jeden Tag schaffen. Und seien wir doch einmal ehrlich. Selbst wenn wir die Möglichkeit hätten, uns zurückzuziehen und wieder klein zu machen, möchten wir das wirklich? Schon der Gedanke daran lässt in meinem Kopf ein Bild von viel zu kleinen Schuhen entstehen, in die ich mich nur dann mit Ach und Krach hineinzwängen könnte, wenn ich mich ganz eng zusammenkauere und viele Teile meiner Persönlichkeit wieder ganz und gar zurückschneide. Eine unschöne Vorstellung. So lasst uns lieber zusammenhalten, Räume füreinander schaffen, in denen man auch einmal wütend und mutlos sein darf, um dann wieder gemeinsam aufzustehen mit dem Wissen: wir sind gewachsen – wieder einen Zentimeter mehr!
